© Martin Ehlbeck, 2017

Georg Friedrich Händel – Belsazar

als biblische Oper im November 2006


Zum Inhalt

Erstaufführung in London am 27. März 1745
Textbuch: Charles Jennens (1700–1773)

Die Hauptfiguren

Belsazar – König von Babylon
Nitocris – Mutter von Belsazar
Cyrus – Prinz von Persien
Daniel – jüdischer Prophet
Gobrias – ein zu Cyrus übergelaufener Assyrer

Chorgruppen:
Juden
Babylonier

Vorgeschichte

Belsazar, der machtbesessene König der Babylonier, überfällt die Stadt Jerusalem. Er macht sie und auch den salomonischen Tempel dem Erdboden gleich. Den heiligen Kelch der Juden und andere Tempelgeräte plündert er. Die überlebenden Juden nimmt er gefangen und verschleppt sie nach Babylon in die Sklaverei – so wie es diesem Volk einst in Ägypten widerfuhr.

Der hemmungslose Eroberer trachtet aber nicht nur danach die Juden, sondern auch weitere Nachbarvölker, die Meder, die Assyrer und die Perser zu unterjochen.

Der persische Fürst Cyrus hält sich gerade inkognito in der Nähe des babylonische Palastes auf, um Genaueres über die weiteren Eroberungspläne des unberechenbaren Despoten in Erfahrung bringen zu können.

Der Sieger kehrt jetzt von seinem jüngsten Beutezug zurück und befindet sich schon innerhalb der Stadtmauern, im Gefolge die geknechteten Juden: unter ihnen auch Gobrias, ihr Führer in der verlorenen Schlacht, und dessen Sohn, der den heiligen Kelch tragen darf. Die Juden hoffen, in der Gefangenschaft wenigstens ihre Glaubens- und Gebetsrituale fortführen zu dürfen.

Vor dem Königspalast steht Nitocris, die Mutter Belsazars, zum Empfang bereit. Sie ist dem jüdischen Glauben zugetan und sieht der Heimkehr ihres Sohnes mit Sorge entgegen, da sie seine Raubzüge nicht gut heißt.

Handlung

Vor seinem Palast angekommen will Belsazar den heiligen Kelch der Juden in Besitz nehmen, um ihn seiner Mutter als Siegesgabe zu überreichen. Er kann ihn dem Sohn des Gobrias nur dadurch entreißen, indem er ihn mit seinem Speer niedersticht. Entsetzt verweigert Nitocris die Annahme des blutigen Mitbringsels, worauf sich Belsazar wütend in den Palast zurückzieht. Der eigene Sohn liefert der klagenden Mutter das Beispiel für die unheilvolle Kraft eines menschen-missachtenden, völkervernichtenden Machtwahns. Nur das Reich des neuen Gottes Jehova hält Nitocris für "allumspannend".

Während die Babylonier im Innern des Palastes mit ihren orgiastischen Siegesfeiern beginnen, kümmern sich Gobrias und seine Freunde um den schwer verletzten Sohn. Als dieser stirbt, denkt der verzweifelte Vater nur noch an Rache.

Ein von großem Mitgefühl ergriffener Fremder – der bald als Cyrus erkannt werden wird – mahnt Gobrias eindringlich zur Geduld. Außerdem habe er selbst die Absicht, dem Größenwahn des unbeherrschten Tyrannen ein Ende zu bereiten. Den hoffnungsvollen Juden erklärt er, dass der Zeitpunkt dafür am günstigsten sei, wenn sich das ausufernde Gelage auf seinem Höhepunkt befände. Da tritt unversehens der Prophet Daniel hinzu. Er hat den empfindsamen Fremden beobachtet und ihn als den persischen Fürsten Cyrus erkannt. Die Weisheitslehre des Heiligen Buches beschwörend, verkündet der fromme Gottesmann die baldige Befreiung aus dem Joch der Fremdherrschaft und die Heimkehr seiner jüdischen Mitbürger, wobei niemand anderer als Cyrus selbst von Jehova auserwählt sei, dies in die Wege zu leiten. Gott schenke ihm die Kraft "den Speer aus den Händen mächtiger Fürsten zu lösen", sowie Jerusalem und den Tempel wieder aufzubauen. Die gefangenen Juden geben ihren sehnsüchtigen Gefühlen beredten Ausdruck. Plötzlich steht Belsazar mitten unter ihnen. Gereizt pervertiert er ihren gläubigen Gesang der Hoffnung mit einem Preislied auf Baal, den babylonischen Gott des Weins und der Festesfreuden. Allein zu "Ehren seiner neuen Gäste" habe er diese Feier ausrichten lassen. Nitocris, die ihm gefolgt ist, mahnt ihren Sohn, die Juden nicht zu verspotten und den zügellosen Lustbarkeiten zu entsagen. Aufgestachelt durch die mütterliche Fürsprache befiehlt der Sohn trotzig, den heiligen Kelch des "verkehrten finsteren Volkes" mit Wein zu füllen, herbei zu schaffen und zum Lobpreis Baals unter ihnen zu kredenzen. Besorgt warnen die Juden ihren Peiniger davor, Jehovas Zorn herauszufordern.

Bevor der verstockte König im Palast verschwindet, wo der Kelch mit Wein gefüllt werden soll, gerät er noch mit der Mutter in heftigen Streit. Er wirft ihr vor, sich von den babylonischen Göttern abgewandt und zum jüdischen "Aberglauben" bekehrt zu haben. Die Juden flehen Jehova an, er möge mit göttlicher Macht dem Frevler Einhalt gebieten. Cyrus, der heimliche Beobachter der letzten Szenen, will Belsazar in den Palast folgen, um dort seine angekündigten Pläne durchzuführen. Aber hat er auch Mut, den Tyrannen zu ermorden? Die verzweifelten Juden setzen ihre größten Hoffnungen auf den Freund.

Mit dem mit Wein gefüllten Becher kommt Belsazar aus dem Palast zurück, preist Baal und lästert lauthals den jüdischen Gott. Da tauchen plötzlich an den Wänden des Palastes geheimnisvolle, unleserliche Schriftzeichen auf.

Belsazar und sein zutiefst erschrockenes Hofgesinde erhoffen von den herbeigerufenen Wahrsagern eine Deutung der Rätselschrift. Aber niemand vermag, trotz des Versprechens kostbarer königlicher Geschenke, die Schriftzüge zu entschlüsseln. Die geängstigte Nitrocis rät ihrem Sohn, den Propheten Daniel aus dem Kreis der jüdischen Gefangenen nach dem Sinn der merkwürdigen Zeichen zu befragen.

Nachdem der weise Seher strikt eine Belohnung abgelehnt hat, eröffnet er Belsazar schonungslos die Aussage des Menetekels. Die Worte "mene, tekel, upharsin" bedeuteten: Jehova habe die Tage der Herrschaft Belsazars gezählt; der König sei gewogen und zu leicht befunden worden; sein Reich werde letztlich unter denen aufgeteilt, die er sich zu Feinden gemacht habe. Belsazar scheint zunächst tief getroffen und Nitocris versucht flehentlich, ihren Sohn zur Einsicht seiner Verfehlungen zu bewegen und Reue und Scham zu zeigen.

Vergeblich. Unter Berufung auf seinen Gott Baal schleudert Belsazar seine Verachtung und seinen Hass Jehova entgegen. Nun zögert auch Cyrus nicht länger und streckt den uneinsichtigen Lästerer mit dessen eigenem Speer nieder, mit dem er den Sohn des Gobrias tötete. Der aufgewühlte Vater dankt dem Rächer und die Juden preisen ihren Gott für das Ende ihrer Gefangenschaft.

Cyrus fühlt sich dem neuen Glauben verpflichtet und sieht "Kampf und Schlacht am Ziel". Als Zeichen dafür zerbricht er den Speer, mit dem so viel Unheil angerichtet wurde.

Die trauernde Mutter bittet Cyrus, dass er als neuer Herrscher von Babylon das Volk verschonen möge. Cyrus bittet seinerseits Nitocris als Fürstin zu herrschen und ihn als neuen Sohn anzunehmen.

Daniel – dessen Prophezeiung sich schon halb erfüllt hat – und allen Juden will Cyrus großmütig bei der Rückkehr in ihre Heimat und beim Wiederaufbau ihrer Stadt Jerusalem und des Tempels zur Seite stehen. Der heilige Kelch wird wieder seinen angestammten Platz einnehmen. Mit einem gemeinsamen Dankgebet zu Jehova – angestimmt von Nitocris und Cyrus, den beiden Bekehrten – beginnt eine hoffnungsvolle Zukunft.